Samstag, 8. Februar 2020

CHF 150 | 110 | 50 | 30.-

Antonio Vivaldi (1678-1741)
«Le quattro stagioni» (Les Quatre Saisons):

Concerto pour violon en mi majeur op. 8 n° 1 RV 269 «La primavera» (Le printemps)
Allegro (Giunt’è la Primavera) | Largo (Il capraro che dorme) | Allegro (Danza pastorale)

Concerto pour violon en sol mineur op. 8 n° 2 RV 315 «L’estate» (L’été)
Allegro non molto (Languidezza per il caldo) | Adagio – Presto (Il sonno – Il timore…) | Presto (Tempo impetuoso d’Estate)

Concerto pour violon en fa majeur op. 8 n° 3 RV 293 «L’autunno» (L’automne)
Allegro (Ballo e canti de’Villanelli) | Adagio (Ubriachi dormenti) | Allegro (La caccia)

Concerto pour violon en fa mineur op. 8 n° 4 RV 297 «L’inverno» (L’hiver)
Allegro non molto (Agghiacciato tremar) | Largo (La pioggia) | Allegro (Camminar sopra il ghiaccio)

Unter der Patronage von

Präsentation des Konzerts

Vivaldi: «Die vier Jahreszeiten» – vier Violinkonzerte
Vivaldis Meisterwerk schildert bekanntlich die Jahreszeiten. Weniger bekannt ist, dass diese Partitur eine grössere Konzertsammlung einleitet, die «das Wagnis der Harmonie und der Erfindung» veranschaulichen soll. Ein Versprechen, das eingelöst wird: Die Idee, die Instrumentalmusik als Erzählmittel einzusetzen, gehört der Romantik, nicht dem Barock an. Hier kündigen vier vom Komponisten geschriebene Sonette die einzelnen Jahreszeiten an. Doch auch von den Interpreten wird Einfallsreichtum verlangt, wenn sie die Anweisung erhalten, eine bestimmte Passage etwa in der Art eines bellenden Hundes, einer Taube, eines Distelfinks oder eines schlafenden Schäfers zu spielen. Das Solokonzert ist bei Vivaldi auf die drei Sätze schnell-langsam-schnell gegründet; es wird diese Grundform beibehalten. Das Wort Konzert leitet sich vom lateinischen concertare her, was soviel wie wettstreiten bedeutet. Und in der Tat hat die erste Violine einen beeindruckenden Wettstreit auszutragen: Von ihren vier zarten Saiten steigen alle Sonnen und Stürme der menschlichen Natur auf … Es erstaunt nicht, dass die Violine das Lieblingsinstrument des Komponisten war.

Das Allegro des Frühlings ist dem «fröhlichen Gesang» der Vögel gewidmet. Wenn die Schwalben tief fliegen, «bedeckt sich der Himmel mit einem schwarzen Mantel». Die Schatten sind jedoch immer nur flüchtig, das Licht strahlend. Tatsächlich zeugt der erste Satz mit seinem melodischen Genie von einer Vitalität, die im Zeichen des Optimismus steht. Das darauffolgende Largo zeichnet die für Mensch und Tier notwendige Ruhepause. Man hört, wie unter der Erde die Wurzeln der künftigen Pflanzen wachsen … Die übrigens schon bald blühen, «zum festlichen Ton des Dudelsacks». Die Brache gehört zum Leben. Und der Saft steigt aus seinen eigenen Träumen auf. Das von Flügelflattern und Federn umgebene zweite Allegro gewinnt an Reife und führt uns mit feierlichem Ernst der Ankunft der Königin unter den Jahreszeiten entgegen …

Der Sommer beginnt mit einer Van Goghs würdigen Mittagsrast – unter den Sonnenstrahlen eines triumphalen Juni. «Mensch und Herde leiden, und es glüht die Pinie», erläutert Vivaldi. Lange vor Greta Thunberg und den Hitzewellen erschreckte der Sommer die Menschen mit seinem unberechenbaren Charakter. Das Orchester gleicht einer Wolke, die grösser und grösser wird, bis sie sich entlädt. Und der «Hirte klagt», denn er «bangt vor dem wilden Sturm und um sein eigenes Schicksal». [Vivaldi war also auch ein Dichter.] Der langsame Satz weicht dem «wilden Schwirren der Fliegen und Mücken.» Alles ist feucht und verdunstet. Auf den Frühling der Jugend folgt das Erwachsenenalter; die Hälfte des Wegs ist zurückgelegt. Die gelassene Ruhe dieser meditativen Rast hebt sich vom abschliessenden Presto ab, das wie eine hektische Hummel am Ende ihres Lebens einsetzt. «Ach, wie wahr sind die Befürchtungen, es donnert und blitzt der Himmel.» Wobei die Meisterleistung des Komponisten darin besteht, die Harmonie über den Sturm siegen zu lassen und diesen gleichzeitig darzustellen.

Nach dem Chaos der Sinneseindrücke bringen die ersten Noten des Herbstes verdiente Mässigung. Es ist die Zeit der Traubenernte: Eine atemlose, beinahe dissonante Bourrée feiert berauscht den «Saft des Bacchus». Auf das Fest folgt die Entspannung. Das Orchester drückt diesen behaglichen Zustand mit einem gedämpften Minimalismus aus. Doch zu viel Wein ist gefährlich und kann den Körper lähmen. Im Adagio verkörpern die Streicher die betäubende Wirkung des Alkohols; wir tauchen in einen beinahe Baudelaire’schen «Spleen» ein … Das Allegro hingegen erweist sich als Vegetarier. Es ergreift die Verteidigung vom «Wild, das flieht, schon verängstigt und matt vom grossen Lärm der Flinten», und verspottet die Jäger, «die in der Morgenfrühe ziehen zur Jagd». Eine Art Überdruss haftet diesem letzten Satz an – der Überdruss des Menschen, der gezwungen ist, seinen traurigen Instinkt auszuleben.

Schon bei den ersten Noten des Winters denkt man unwillkürlich an den sich nähernden Tod. Um das Gefühl der Bangigkeit noch zu verstärken, setzt Vivaldi, der Vorläufer, wie in der elektronischen Musik das Mittel von Mix, Riff, Sampling und Remix ein und geht sogar so weit, seine Vinylplatten zu zerkratzen. Der Zuhörer glaubt mühelos, dass man «erstarrt zittert bei schimmerndem Schnee». Dennoch wird diese Kälte von der Schönheit beherrscht. Einer kristallenen Schönheit, geprägt von der mineralischen Weisse der hohen Töne und Pizzicati. Das nachfolgende kurze Largo ist ein Meisterwerk, geneigt, das Menschengeschlecht zu erlösen: Mit einer kunstvollen Mischung von Tonarten und von staccato gespielten Noten, die im Gegensatz stehen zu der glatten Ruhe eines Raums, ist es einem Künstler gelungen, ohne Worte «ruhige und zufriedene Tage am Kamin, während draussen der Regen in Strömen alles durchnässt», lebendig darzustellen. Das abschliessende Allegro empfiehlt, «langsamen Schrittes über das Eis zu gehen». Eine ganz neue harmonische Klarheit geht davon aus – doch unter diesem wertvollen Alter «bricht das Eis und öffnet sich». Der Zyklus ist abgeschlossen. Die vier Jahreszeiten sind vorbei. Hat es sich gelohnt, geboren worden zu sein? Ja, antwortet der Komponist: «So ist der Winter, doch welche Freude bringt er.»

Die Vier Jahreszeiten wurden 1728 zum ersten Mal aufgeführt und waren gleich ein grosser Erfolg. Doch Vivaldi verbrachte seinen Lebensabend in Armut, und sein Werk geriet langsam in Vergessenheit, bis es vor einem Jahrhundert wieder (weltweit) bekannt wurde.

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